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Episode 9: Ein Berg aus Haaren


Gemütlich strecke ich alle Viere von mir und lege entspannt meinen Kopf auf den Boden. Das nennt man die Bettvorleger-Stellung. Sehr bequem. Und die habe ich mir verdient. Es ist schließlich Wochenende. Schlafen, dösen, Essen abstauben und schlafen. Ihr wisst schon. Ganz schön warm heute. Bloß nicht zu viel bewegen. Ich bin tiefenentspannt. Nichts kann mich stören. Wunderbar.

 

Moment. Mein Lieblingsgeräusch erklingt. Sofort springe ich auf und laufe dem Geräusch entgegen. Ja, Frauchen hat definitiv die Hundeschublade geöffnet. Da sind all die leckeren Dinge drin, mit denen Frauchen mich zu einem glücklichen Hund machen kann! Ich erreiche Frauchen und ich habe mich nicht geirrt. Die Quelle der Glückseligkeit ist herausgezogen und der Duft der Leckereien steigt mir in die Nase. Sofort beginne ich mit den Schwanz zu wedeln und lege meinen knuddeligsten Hundeblick auf, den ich in petto habe.

Doch das, was Frauchen da aus der Schublade zieht, ist nichts mit dem man kleine Cookies glücklich machen kann, sondern das Gegenteil. Mein Schwanz hört sofort auf zu wedeln und vorsichtig lege ich den Rückwärtsgang ein, um unauffällig zu verschwinden. Frauchen holt eine große Stofftasche aus der Schublade und donnert mir ein "Bleib" entgegen, so dass ich mitten in der Bewegung erstarre und mich nicht mehr rühren kann. Oh nein. Es gibt kein Entkommen.

Frauchen legt die Stofftasche zurück, kommt zu mir und hebt mich langsam hoch. Ich stehe so unter Schock, dass ich nicht einmal grummeln kann. Beruhigend streichelt sie meinen Rücken und redet auf mich ein: "Ach komm schon Plüschbär, es wird echt wieder Zeit, dir ist doch immer viel zu warm." Sie trägt mich zu leergeräumten Couchtisch hinüber und setzt mich mitten darauf. Ohje. Es ist also wirklich wieder soweit. Frauchen dreht sich um, um die blöde Stofftasche zu holen und ich schaffe es, mich aus meiner Erstarrung zu lösen und springe mit einem todesmutigen Satz auf die Couch, wo ich sofort die armseliges-Würstchen-Position einnehme. Pfote hoch, Bauch zeigen, große Augen, Ohren nach hinten. Damit bringe ich Steine zum erweichen. Frauchen kommt zurück und setzt mich ohne Kommentar zurück auf den Tisch. Mist. Die ist echt viel zu abgestumpft.

 

Frauchen setzt sich vor mich auf die Couch und beginnt ruhig die Tasche auszuräumen. Als Erstes legt sie eine Packung Leckerlis direkt vor meine Nase und ich bin sofort so hypnotisiert, dass ich den Rest gar nicht mehr sehen kann. Mmh, riecht das lecker. Das sind meine Lieblingsleckerlis! Die sind so weich, die muss man nicht mal kauen. Das heißt ich kann schneller schlucken und viel mehr Leckerlis in der gleichen Zeit futtern!

Ein bösartiges Brummen lässt mich zusammenzucken. Ich hatte schon fast vergessen, dass sich ja noch lauter böse Dinge in dieser Tasche befinden... Und schon geht es los. Das Brummen setzt sich auf meinen Rücken und ich kann nur hilflos dabei zusehen, wie sich meine Haare in einem Haufen neben mir sammeln und immer mehr werden. Blöder Rasierer. Blöde Haare. Blödes Frauchen.

Ich spüre einen spöttischen Blick auf mir ruhen und blicke vorsichtig zur Seite. Mein blöder Bruder sitzt mit offenem Mund und heraushängender Zunge neben dem Tisch und ergötzt sich grinsend an meinem Elend. Das ist so entwürdigend. Der muss nie auf diesen Tisch! Und trotzdem wachsen seine Haare nicht immer weiter. Er verliert sie nur überall. Vielleicht wäre das die Lösung. Wie macht er das bloß? Frauchen reißt mich grob aus meinen Gedanken, als sie mich kurzerhand umdreht, meinen Schwanz nach oben zieht und den Rasierer an meinen Popo setzt.

Der Popo! Heilige Zone! Da darf keiner einfach so hin. Wie kann sie nur?? Die Kraft kehrt zurück und ich will mich gerade losreißen, als wie von Zauberhand mein Lieblingsleckerli vor meiner Nase erscheint und mich ablenkt. Mmmh lecker. Da spüre ich die Vibration des Rasierers an meinem heiligen Hintern und verschlucke mich vor Schreck fast beim Schlingen. Ich werfe einen wütenden Blick nach hinten. Na warte du, das wirst du bereuen! Oh noch ein Leckerli. Mmh leckerschmecker. Das Brummen verstummt. Freude durchzuckt mich. Ich habe überlebt!

 

Ich schüttel mich und feine Haare wirbeln eine Wolke auf. Frauchen flucht und beginnt zu niesen. Geschieht ihr recht. Thriumphierend drehe ich mich um, und erstarre erneut. Frauchen hält eine Schere in der Hand. Mist. Hab ja ganz vergessen, dass das nach dem Brummen dran ist. Leise höre ich meinen Bruder neben mir kichern. Na warte, ich werd nachher sowas von aus deinem Napf futtern, du ... Oh oh. Die Schere nähert sich meiner Nase und beginnt wie wild rund um sie herum zu schnippeln. Ich ergebe mich meinem Schicksal und denke mir, dass es ja wenigstens nicht die Bürste ist. Die ist am schlimmsten. Fuchtbar. Ein Grauen. Ich schließe die Augen. Endlich verstummt das klackern der Schere und ich öffne meine Augen, nur um zu sehen, dass Frauchen die Bürste in der Hand hält. Heut ist echt nicht mein Tag. Mir reichts. Ich drehe um, springe mit einem Mordssatz vom Tisch und renne wie der Teufel. Nicht mit mir!

Da höre ich ein "Leckerli?" hinter mir und abrupt bremse ich ab. Ich weiß es ist eine verdammt dumme Idee, aber ich kann nicht anders. Dafür liebe ich Leckerlis einfach viel zu sehr.

 

Ich schnappe mir mein Leckerli und Frauchen schnappt sich mich. Nun sitze ich wieder auf dem Tisch. Auge in Auge mit der Bürste. Na warte Freundchen, denke ich und ziehe meine Lefzen hoch. Die Bürste zeigt sich unbeeindruckt und beginnt an einem Ohr zu ziehen. Ich knurre so böse ich kann, aber die Bürste hört nicht auf. Wir führen diesen Kampf schon lange, die Bürste und ich. Und ich verliere jedes Mal. Ich hasse sie. Endlich hört die Bürste auf, mich zu drangsalieren und ich bin fix und fertig mit den Nerven. Erwartungsvoll sehe ich Frauchen an, bis sie mir ein Leckerli in den Mund steckt und "Na los" ruft.

 

Jaaaaaaaaaaaaaaaa! Ich bin frei! Ich springe vom Couchtisch, renne an meinem blöde grinsenden Bruder vorbei und stürze zu seinem Napf. Na toll, der ist ja leer. Ach egal, ich habe überlebt. Mit einem weiteren Riesensatz springe ich auf das Bett und beginne sofort alle Kissen umzugraben. Irgendwie fühle ich mich viel leichter, das macht das Springen ne ganze Nummer einfacher. Ich buddel mir ein gemütliches Nest aus Kissen zusammen und lege mich genau in die Mitte. Und zu warm ist mir auch nicht mehr. Eigentlich mag ich es ja, wenn meine Haare ganz kurz sind, wenn die blöden Dinger nicht immer wieder nachwachsen würden!


Manchmal müssen wir leiden, um am Ende ein Ziel zu erreichen. Cookie muss seine Haare loswerden, damit ihm im Sommer nicht zu warm ist (und damit er nicht gekämmt werden muss, was er wirklich gar nicht mag).

 

Auch eine Therapie ist nicht immer ein Sonntagsspaziergang. Sie kann hart, anstrengend und belastend sein, manchmal sogar wehtun. Es gibt selten nur einfache Wege zu einem Ziel.

 

Ich verwende in der Therapie dazu gerne das Bild eines Berges. Jeder hat einen anderen Berg. Manchmal beginnt die Steigung sanft, führt durch dichte Wälder und in vielen Schlangenlinien auf den Gipfel zu. Manchmal geht der Weg steil und direkt nach oben. Irgendwann erreicht man die Baumgrenze, der Weg wird steinig und steil, es liegen Fesbrocken im Weg und vielleicht muss man sogar mit oder ohne Sicherung ein Stück klettern. Aber wenn man diese Strapazen auf sich nimmt, dann kann man irgendwann den Gipfel des Berges.erreichen. Und wenn man die Gipfelbesteigung geschafft hat, dann ist der beschwerliche Teil des Weges vorbei.

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Bei Neuanmeldungen bitte zunächst den Aufnahmebogen ausfüllen! Danke ;)

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